Nach der Landtagswahl am 28. Jänner 2018 wurden letzten Dienstag im SPÖ-Landesparteivorstand die ersten Weichen für die Zukunft gestellt. Der bisherige Landesgeschäftsführer Reinhard Hundsmüller wird neuer Klubobmann der SPÖ. Neuer Landesgeschäftsführer wird der Wahlkampfleiter und Bürgermeister von Ebreichsdorf, Wolfgang Kocevar. Seine Stellvertreterin wird Astrid Reiser, die in der Landespartei für Finanzen und Personal verantwortlich ist. Wer neben dem künftigen Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl den zweiten Sitz in der Landesregierung übernehmen wird, ist noch offen. Jetzt will man erst mal Gespräche mit der ÖVP über die zukünftige Zusammenarbeit sprechen, erzählt der neue Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar in einem Interview mit der MONATSREVUE:
INTERVIEW:
Herr Kocevar, wie überraschend war für Sie die Nominierung zum Landesgeschäftsführer der SPÖ?
Ich bin jetzt 11 Jahre in der Landespartei in verschiedenen Funktionen tätig. Ich hab 2007 den Marketing Bereich in der Partei über gehabt, habe bei zahlreichen Wahlen mit begleitet und letztes Jahr im Sommer hat mich Franz Schnabl ersucht ,die Wahlkampfleitung für die Landtagswahl 2018 zu übernehmen, was für mich eine große Herausforderung und Verantwortung war.
Wie wir das für uns sehr erfreuliche Wahlergebnis von plus 8% in Ebreichsdorf, 6% im Bezirk Baden und über 2,3% im ganzen Land – und das in einer nicht gerade einfachen Zeit für die Sozialdemkokratie – gehört haben, war relativ rasch klar, dass Reinhard Hundsmüller vom Landesgeschäftsführer zum Klubobmann wechselt. Von ihm und von Franz Schnabl bekam ich das Angebot, die Funktion des Landesgeschäftsführer zu übernehmen.
Was ist die konkrete Aufgabe Ihrer neuen Funktion und wie werden Sie diese anlegen?
Ich bin neben der Funktion als Landesgeschäftsführer auch Leiter der Partei-Reform-Gruppe, dass heißt, wir werden uns jetzt genau ansehen, wie wir unsere Politik wieder so gestalten können, dass die Menschen das Gefühl haben, dass wir für sie rennen und brennen. Was mir generell in der Politik fehlt ist, dass die Leidenschaft abhanden gekommen ist. Wir sind ja seinerzeit in die Politik gegangen um zu helfen. Viele Gemeindemandatare, Stadträte bis hin zu Bürgermeistern haben die Entscheidung getroffen in die Politik zu gehen, weil sie Verbesserungen in ihrem unmittelbaren Umfeld in der Gemeinde wollten oder dazu beitragen wollten, dass sich ihre Stadt besser entwickelt. Man muss sich daher die Frage stellen, warum ein Gemeindepolitiker im Ansehen der Bevölkerung einen höheren Stellenwert hat, als ein Politiker auf Landes oder Bundesebene. Das hat meiner Meinung nach zum einen damit zu tun, dass der Politiker im Land und Bund nicht mehr so nahe bei den Menschen ist, zum anderen gelingt es nicht den Menschen zu zeigen, was auch die Landes- und Bundespolitik für die Menschen im Land tun.
Meine Aufgabe ist es, die gesamte Parteistruktur zu durchleuchten und zu schauen, ob wir in allen Bereichen noch am Zahn der Zeit sind oder ob Verbesserungen notwendig sind. Gastmitgliedschaften sind ebenso ein Thema wie die Betreuung der über 45.000 Mitglieder und so wollen wir gemeinsam auch mit den Vorfeldorganisationen bis zum Landesparteitag am 29. September 2018 die Partei evaluieren.
Gibt es schon konkrete Pläne, wer neben Franz Schnabl als zweiter Landesrat in die Landesregierung einzieht?
Nein, gibt es noch nicht. Wir müssen jetzt erst einmal Gespräche mit der Landeshauptfrau abwarten und schauen, wie das „Wir“ und das „Miteinander“, dass sie jetzt monatelang tagein tagaus gepredigt hat, aussieht. Jetzt werden wir sie an den Taten messen. Wir haben klar definiert, was unser Zugang ist und wir reichen ihr die Hand zur Zusammenarbeit. Die Frage ist jetzt nur, ist dieses „Miteinander“ wirklich ernst gemeint und ein Neubeginn der ÖVP, oder sind es Worthülsen und wird uns die ÖVP jetzt rasch wieder zeigen, dass sie mit ihrer absoluten Mehrheit niemand anderen braucht und eine zweite Meinung in diesem Land nicht gefragt ist. Das wäre schade, denn wir haben auch sehr gute Ideen.
Was müsste sich an der Politik der ÖVP ändern um die Zusammenarbeit neu zu gestalten?
Ich glaube das einzige, das sich wirklich ändern müsste ist, dass die ÖVP nicht nur plakatiert „Wir“ und „Miteinander“ sondern das auch an Taten zeigt und nicht wie in der Vergangenheit hunderte Leitanträge der SPÖ vor dem Landtag nicht einmal diskutiert werden und dann in etwas abgeänderter Form als eigener ÖVP-Antrag beschlossen wird. Das ist für mich kein Miteinander sondern ein nehmen von anderen Ideen und als eigene verkaufen. Franz Schnabel hat ja auch bereits jetzt gezeigt, dass er in keinster weise jemand ist, der ständig in einen Konflikt gehen will. Aber er hat klare Vorstellungen und ich glaub auch das ist mit einem Viertel der Wählerstimmen sein gutes Recht.
In den letzten Tagen hat die Causa Landbauer und auch zwei weiter Vorfälle, bei denen SPÖ Mitglieder betroffen waren, die auch ausgeschlossen wurden, für Schlagzeilen gesorgt. Wie sehen Sie diese Vorfälle?
Mann muss zwei Dinge auseinander halten. Die Causa Landbauer zeigt leider, auch wenn sich die Freiheitlichen immer wieder distanzieren, dass es schon auffällig ist, dass es in diesen Kreisen immer wieder zu solchen Vorfällen kommt. Ich finde es persönlich zwar gut, dass Landbauer jetzt alle Konsequenzen gezogen hat, was ich aber nicht verstehe ist, dass er das nicht sofort gemacht hat. Egal wie viel er wusste oder nicht wusste, Fakt ist, dass man hier eine Verantwortung hat. Die Politik insgesamt leidet darunter wenn man dann auch von anderen Verantwortungsträgern hört, „jetzt muss man das einmal in ruhe aufarbeiten“. Ich weiß nicht, was es da in Ruhe aufzuarbeiten gibt, bei Liedertexten wo es um sieben Millionen tote Juden geht. Traurig ist, dass der Druck von außen erst kommen musste, bis hier Entscheidungen getroffen wurden.
Zu den anderen Themen muss man sagen, die Sozialdemokratie hat da ganz andere Zugänge. Wir hatten auch zwei Fälle, die in den letzten Tagen für Schlagzeilen sorgten. Wir waren da sehr konsequent. Wir haben es am Montag erfahren und am Dienstag den Ausschluss aus der Partei vollzogen. Bei uns gibt es da keine Diskussion ob vielleicht oder reden wir noch drüber. Solche Leute haben in der Sozialdemokratie nichts verloren und wir wollen das auch nicht haben.
Diese Bereiche spiegeln halt auch das Leben wieder. Wir sind auch gefragt worden, ob wir ausschließen können, dass es weiter Personen in der SPÖ gibt, die solches Gedankengut haben. Nein, können wir natürlich nicht. Aber wenn etwas auftaucht, dann kommt es darauf an wie man damit umgeht und da sieht man einen klaren Unterschied zwischen den Freiheitlichen und der SPÖ.
In den letzten Wochen gab es auch Kritik aus der SPÖ an der Führung der Partei, beispielsweise vom ehemaligem Innenminister Karl Schlögl?
Karl Schlögl hat ja ansich nicht Christian Kern kritisiert, sondern gemeint, die SPÖ braucht eine Erneuerung der Partei und eine Parteireform. Wie er das gesagt hat, war er noch nicht darüber informiert, dass sowohl in der Bundespartei als auch jetzt in der Landespartei eine derartige Reform beschlossen wurde. Das dürfte sich überschnitten haben. Ich habe das auch nicht als persönliche Kritik an Christian Kern empfunden, ich bin aber bei ihm, dass die Partei reformiert gehört.
Also steht Christian Kern auch für Sie ausser Streit?
In der SPÖ Niederösterreich steht er absolut ausser Streit und ich orte auch aus anderen Landesparteien überhaupt keine andere Tendenz. Ich glaube Christian Kern war und ist ein hervorragender Politiker und wir können froh sein, dass wir so eine Führungspersönlichkeit haben.
Wie ist Ihre neue Funktion mit ihrer Funktion als Bürgermeister vereinbar?
Ich möchte Grundsätzlich festhalten, da mich schon unzählige Bürger angesprochen und angerufen haben, ich bleibe mit Leidenschaft Bürgermeister in Ebreichsdorf. Es war auch nie die Frage diese Aufgabe abzugeben. Für mich ist es nur eine Frage der Organisation und des Zeitmanagements. Ich war auch in den letzten Jahren immer wieder erst zwei Tage in der Woche in St. Pölten und die letzte Zeit als Regional Geschäftsführer Baden und Mödling tätig. So viel wird sich nicht ändern. Ich gebe schon zu es wird sicher eine große Herausforderung aber wenn andere politisch Vertreter Klubobmann im Landtag und Bürgermeister eine 50.000 Einwohnerstadt sein können, oder Präsident im Landtag und Bürgermeister sein können, dann wird das auch bei mir gelingen.
Danke für das Gespräch!